2012/05/10

Vater und Mutter flehen: Gebt uns unser Kind zurück Eltern kämpfen gegen Jugendamt – bald vor Verfassungsgericht?




DER FALL. Vor 829 Tagen nahm das Jugendamt Sascha Keller und Christina Fangerow ihre Tochter Sally Amanda (3) weg. Jetzt kann der Fall bis vors Bundesverfassungsgericht gehen.

Sally war ein „Frühchen“, 1810 Gramm leicht, 42 Zentimeter groß, per Kaiserschnitt geholt. Die Ärzte hatten festgestellt, dass das Kind im Mutterleib nicht weiter wuchs. Sie hatten keine Erklärung dafür. Nach der Geburt wurden zehn Tage lang Tests gemacht, ohne Ergebnis. Die Eltern gingen einmal pro Woche mit Sally zu ihrem Kinderarzt, und schließlich zur Ernährungsberaterin. Sie kümmerten sich mit Liebe und professioneller Hilfe um ihr Kind. Trotzdem nahm Sally zu langsam zu.
Auch bei einer weiteren gründlichen Untersuchung kam nur heraus, wie der Vater an BILD schrieb, „dass sie keine medizinischen und körperlichen Probleme hat“.
Keine gute Nachricht, denn im Krankenhaus folgerte jemand: Wenn die Ärzte nichts finden, dann sind die Eltern schuld. Sie lassen Sally verkümmern.
Am 5. September 2008 wurden Sascha Keller und Christina Fangerow zu einem Chromosomen-Test ins Krankenhaus bestellt. Der Vater: „Dort sagten sie uns in einem Gespräch mit dem Chefarzt, dass wir unserem Kind keine Liebe und auch nicht genug zu essen geben würden.“
Sallys Vater schlug dem Jugendamt vor, dass man sie jederzeit unangemeldet zu Hause überprüfen könne. „Egal, was wir vorschlugen, damit man uns Sally nicht wegnimmt, es war zwecklos“, berichtet er BILD.
Laut Sozialgesetzbuch (SGB VIII), das die Aufgaben des Jugendamtes regelt, soll das Jugendamt Familien möglichst nicht auseinander reißen, sondern Eltern, die überfordert sind, bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützen. Natürlich sollen die Jugendämter Kinder, die misshandelt werden, vor ihren Eltern in Sicherheit bringen.


„Ein Mann vom Jugendamt hat uns gesagt, dass wir uns den Anwalt sparen können“, schrieb Sascha Keller an „BILD kämpft für Sie!“. Er nahm sich trotzdem einen Anwalt. Ohne Erfolg. „Wir haben ein Gutachten von der Uni Frankfurt, aus dem hervorgeht, dass wir Sally nicht vernachlässigt haben, aber der Richter hat es nicht gelesen oder nicht verstanden.“


Sie verloren auch vor dem Oberlandesgericht. Jetzt möchte der junge Vater vors Bundesverfassungsgericht. Obwohl die juristischen Hürden dort ganz andere als auf dem normalen Rechtsweg sind, hätte sein Fall sogar eine Chance, meint sein Anwalt. „Aber ich habe das Geld nicht mehr“, resigniert der Gebäudereiniger.
Sally ist auch heute ein zartes Kind. Die Eltern fahren alle vier Wochen knapp 70 Kilometer nach Darmstadt, wo sie in einer Pflegefamilie im „Klemmenhof“ untergebracht ist. Zusammen mit drei weiteren Pflegekindern und vier leiblichen Kindern der Pflegefamilie. Im Klemmenhof wohnen mehrere Pflegfamilien.
„Die Pflegemutter bringt uns Sally immer zum Stadion, das ist für sie nicht so weit“, sagte Sascha Keller dem BILD-Redakteur.


Das Jugendamt Main-Kinzig-Kreis, von „BILD kämpft für Sie!“ um eine Stellungnahme gebeten, antwortete, dass es „in dieser Familie intensive Hilfe in Form Sozialpädagogischer Familienhilfe“ leiste. Sally könne aber „aufgrund des sehr hohen Betreuungs- und Förderbedarfs“ noch nicht zu ihren Eltern zurück. Unsinn, meint der Vater, sie würden für Sally alles tun, was nötig und sinnvoll ist.


„Wenn wir uns mit Sally für BILD fotografieren lassen, haben sie uns beim Jugendamt gedroht, dann ist es ganz vorbei mit den Besuchen“, sagt Sascha Keller am Telefon, „aber schlimmer als jetzt kann es nicht werden.“

Bei Regen, Schnee und Kälte können Sallys Eltern mit ihr nur ins Hallenbad oder ins Kaufhaus gehen. „Wir dürfen nicht mal auf den Indoor-Spielplatz, das ist angeblich zu aufregend für sie.“ Schikane?
Sally hat inzwischen eine kleine Schwester, Leonie (14 Monate). Sie gedeiht und wächst normal und durfte von Anfang zu Hause bleiben. Offenbar besteht in ihrem Fall nicht der Verdacht, dass sie von den Eltern nicht gut versorgt würde.


Diesen ungewöhnlichen Fall hat BILD kämpft für Sie! lange zurück gehalten und bisher auch noch nicht gelöst. Doch Sascha Keller kann nicht mehr. Er wollte nicht länger warten und die Geschichte in die Öffentlichkeit bringen. BILD will deshalb seinen Lesern das Schicksal von Sally nicht länger vorenthalten. BILD bleibt dran und wird Sie weiter informieren.


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